Baumgartner T., Heinz M. M., Turek M. E., Erismann G., Kohling M., Aasen H., Holzkaemper A.
SwissIrrigationInfo: Modellbasierte Schätzungen des Wasserverbrauchs für Bewässerung in der Schweiz.
Agroscope Science, 212, 2025, 1-66.
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Die Schweiz wird bisher kaum mit Wasserknappheit in Verbindung gebracht. Dennoch führte Wasserknappheit während der letzten Jahre immer häufiger zu lokalen und zeitlich beschränkten Entnahmeverboten aus Oberflächengewässern für die landwirtschaftliche Bewässerung. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass solche Engpässe weiter zunehmen. Ob und wo solche Änderungen langfristig zu Problemen führen, ist derzeit schwer abschätzbar, da es nur unzureichende Informationen über den regionalen oder schweizweiten Wasserverbrauch für die landwirtschaftliche Bewässerung gibt. Im Projekt SwissIrrigationInfo war es deshalb Ziel, eine Methode zu entwickeln und zu erproben, die den Wasserverbrauch für Bewässerung modellgestützt abschätzt und es somit ermöglicht, bestehende Informationslücken zu schliessen. Kernstück der Methodik bildete dabei der FAO56-Ansatz zur Schätzung der Bewässerungsbedürfnisse unterschiedlicher Kulturen in Abhängigkeit von Klima- und Bodeneigenschaften. Dieser Modell-Ansatz wurde im Rahmen dieser Arbeit für zehn Kulturen bzw. Kulturgruppen parametrisiert, um aus den geschätzten Pflanzenwasserbedarfsmengen plausible Wasserverbrauchsmengen abzuleiten. Neben Literatur- und Expertenwissen wurden vorhandene Daten zur Praxisbewässerung für unterschiedliche Standorte, Kulturen und Jahre verwendet, um die kulturspezifischen Parametrisierungen bestmöglich abzustützen. Die verwendeten Bewässerungsinformationen stammen aus dem Bewässerungsnetz der HAFL, sowie aus dem Ressourcenprojekt «Effiziente Bewässerung Waadt». Die parametrisierten Modelle wurden auf Basis schweizweit verfügbarer Daten zu Klima, Boden und Landnutzung angewandt, um den schweizweiten Wasserverbrauch für Bewässerung für die Jahre 2021 bis 2023 abzuschätzen. So wurde für das Jahr 2021 ein Bewässerungsbedarf von rund 9.5 Mio. m3, für das Jahr 2022 von 41 Mio. m3 und für das Jahr 2023 von rund 31 Mio. m3 errechnet. Die Kulturen mit dem grössten Bewässerungsbedarf waren gemäss dieser Schätzung Gemüse, Obst und Grünflächen. Die Ergebnisse der schweizweiten Modellierung decken sich grösstenteils mit den Schätzungen, die das BFS für das Jahr 2023 auf Basis von stichprobenhaften Erhebungen gemacht hat. Vergleiche der Modellschätzungen mit regional erhobenen Wasserentnahmemengen für Bewässerung in Schaffhausen und im Thurgau zeigen, dass die modellgestützte Methode den Wasserverbrauch für das nasse Jahr 2021 erheblich unterschätzt. Für die warm-trockenen Jahre 2022 und 2023 stimmten die modellierten Werte mit den erhobenen Entnahmemengen relativ gut überein, wenn die Annahmen über die Anteile bewässerter Kulturflächen für die jeweilige Region angepasst werden konnten. Auf Basis der stationären CH2018-Klimaprojektionen wurden für alle hier betrachteten Kulturen/Kulturgruppen Modellrechnungen zur Schätzung zukünftiger Bewässerungsbedürfnisse durchgeführt und unter der Annahme, dass es keine Landnutzungsänderungen gibt, schweizweit hochskaliert. Diesen Schätzungen zufolge würde der Wasserverbrauch ohne Klimaschutz (RCP8.5) bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa 21% steigen, mit moderatem Klimaschutz (RCP4.5) um etwa 6%. Die Modellschätzungen des Wasserverbrauchs unterliegen verschiedenen Unsicherheiten, die die Nutzbarkeit der Ergebnisse wesentlich einschränken können. Insbesondere die Genauigkeit der Informationen über bewässerte Kulturflächen hat einen grossen Einfluss auf die Genauigkeit der geschätzten Wasserverbrauchsmengen auf regionaler Ebene. Dort, wo diese Informationen vorhanden waren, stimmten die Schätzmengen recht gut mit den erhobenen Entnahmemengen überein (Beispiel Ramsen). Die Referenzinformationen zur Praxisbewässerung waren für die Arbeit ausserordentlich wertvoll, um die Modellschätzungen bestmöglich mit der Realität abzugleichen. Allerdings zeigte sich auch, dass die Daten zur Praxisbewässerung eine sehr hohe Varianz aufweisen, die mit dem Modell nicht erklärbar ist. Diese Varianz resultiert daraus, dass die Bewässerungsentscheidungen einzelner Landwirte nicht allein von Bodenfeuchte und Pflanzenwasserbedarf abhängen, sondern verschiedene betriebswirtschaftliche und persönliche Erwägungen mitbestimmend sind.
ISSN en ligne: 2296-729X
Digital Object Identifier (DOI): https://doi.org/10.34776/as212g
ID publication (Code web): 60194
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