Winkler, H., Bütikofer, U., Sieber, R.
Jodiertes Kochsalz und geschmierte Käse.
Schweizerische Milchzeitung, 125, (9), 1999, 7-7.
Download tedesco (448 kB)
Bei schmieregereiften Käsesorten veränderte sich in letzter Zeit teilweise die Konsistenz der Schmiere. Da im Verlaufe des letzten Jahres der Jodzusatz im Kochsalz erhöht worden war, wurde dies als eine der möglichen Ursachen vermutet. Abklärungen mit den Schweizerischen Rheinsalinen haben ergeben, dass diese Annahme ausgeschlossen werden kann. Bei der Fabrikation von schmieregereiften Käsen gelangen die Käse nach dem Pressen für mehrere Stunden in ein Salzbad. Die Salzbadbehandlung führt zum Entzug von Wasser aus der Randzone des Käses. Gleichzeitig nimmt diese Zone Salz auf, das während der Reifung in den Teig hinein diffundiert. Dieser Austausch führt zu einer Rindenbildung. Ferner beeinflusst das Salz die Geschmacksbildung und führt zur gewünschten Selektion der Mikroflora auf der Rinde und im Käse. Während der folgenden Reifung wird zur Pflege der Käseoberfläche oft zusätzlich Salz verwendet. Treten Fehler in der Schmierebildung auf, muss unter anderem der Einfluss des Salzes auf die Entwicklung der Schmiereflora aufgezeigt werden. Neben falscher Dosierung des Salzzusatzes oder der Anwendungsdauer stellt sich die Frage, ob auch Inhaltsstoffe des Salzes wie beispielsweise der erhöhte Jodzusatz zum Kochsalz eine Fehlentwicklung der Mikroflora auf dem Käse begünstigen könnten. Eine Umfrage der FAM vom September 1993 zeigte, dass schon damals die meisten Käsereien jodiertes Kochsalz bei der Käsefabrikation verwendeten. In einer repräsentativen Abklärung im letzten Jahr bei mehr als 50 Käsereien mit verschiedenen Käsesorten konnte zwischen Schmierefehlern und der Zusammensetzung des verwendeten Salzes (jodiertes Kochsalz) kein Zusammenhang gefunden werden. Die intensiven Abklärungen mit den Schweizer Rheinsalinen, Schweizerhalle, die für die Versorgung mit Kochsalz der ganzen Schweiz (einzige Ausnahme Kanton Waadt) zuständig sind, haben ergeben, dass die Gewinnungs- und Aufarbeitungsmethoden in den letzten 20 Jahren nicht verändert wurden. Auch die Zusammensetzung an Spurenelementen wie Zink, Eisen, Kupfer, Chrom, Kobalt und Nickel ist in dieser Zeit gleich geblieben. Zudem wurde die Ende Januar 1998 durch das Eidg. Departement des Innern zugelassene Erhöhung des Jodzusatzes von 15 auf 20 bis 30 mg/kg erst im September 1998 in der Praxis eingeführt und Salz mit erhöhtem Jodgehalt kam erst im November in die Verkaufsregale. Die meisten Schwierigkeiten bei der Schmierebildung traten aber bereits vor diesem Zeitpunkt auf. Die Jodanreicherung des Kochsalzes wie auch die Erhöhung derselben können deshalb mit grösster Wahrscheinlichkeit als Verursacher von Schmierefehlern ausgeschlossen werden. Warum überhaupt jodiertes Kochsalz verwenden? Um diese Frage beantworten zu können, muss zuerst diskutiert werden, weshalb es in der Schweiz zu einer Anreicherung des Kochsalzes mit Jod gekommen ist. Im menschlichen Organismus beteiligt sich das Jod an der Funktion der Schilddrüsenhormone. Diese beeinflussen das Wachstum und die Teilung von Zellen und Geweben und sind ebenso an der Konstanthaltung der Körpertemperatur und an vielen weiteren physiologischen Prozessen beteiligt. Ausgeprägter Jodmangel - nach der Weltgesundheitsorganisation wird eine tägliche Jodzufuhr von weniger als 100 mg Jod durch Erwachsene als Jodmangel eingestuft, bei der es bereits zu einer Vergrösserung der Schilddrüse kommen kann - führt zum Auftreten von Kropf und bei Neugeborenen zu Wachstumsstillstand und Störungen des Zentralnervensystems. Im letzten Jahrhundert traten in der Schweiz verbreitet Kröpfe auf, da die Schweiz ein bekanntes Jodmangelgebiet mit entsprechend ungenügender Jodversorgung der Bevölkerung ist. Um präventiv die Versorgung zu verbessern, wurde ab 1922 kantonsweise das Salz jodiert. Da diese Massnahme noch zu wenig erfolgreich war, wurde 1962 der Jodgehalt des Kochsalzes auf 7,5 und 1980 auf 15 mg/kg angehoben. In den 90er Jahren wurde aber festgestellt, dass die Jodausscheidung über den Urin tendenziell abfällt. Hinzu kommt, dass starke Bestrebungen im Gange sind, den Kochsalzkonsum der Bevölkerung aus präventiven Gründen zu reduzieren. Dies hat das Eidg. Departement des Innern am 30. Januar 1998 veranlasst, die Nährwertverordnung zu revidieren und die Zugabe von Jodid oder Jodat zum Kochsalz in einer Menge von 20 bis 30 mg/kg, berechnet als Jod, zuzulassen. Milch und Milchprodukte wie auch Käse, der mit jodiertem Kochsalz hergestellt wurde, können einen nicht unbedeutenden Anteil zur Jodversorgung beitragen. Anhand einer Modellrechnung wurde berechnet, dass im Winter aus dem Verzehr von 3 dL Milch (30 mg), 150 g Joghurt (15 mg), 50 g Käse (22 mg) und 20 g gesalzener Butter (6 mg) insgesamt etwa 70 mg Jod/Tag aufgenommen würden, was knapp 50 % der Empfehlungen der schweizerischen Nährwertverordnung für Erwachsene entspricht. Dass diese Berechnungen nicht unrealistisch sind, zeigt sich am Beispiel von Grossbritannien, wo Milch und Milchprodukte 77 mg zur täglichen Jodaufnahme von insgesamt 219 mg beitragen. Der Verzehr von Milch und Milchprodukten wie auch von Käse, bei dessen Fabrikation jodiertes Kochsalz verwendet wurde, stellt einen wichtigen Beitrag zur Volksgesundheit dar und kann als Anreiz zu vermehrtem Käsekonsum dienen
Segnatura: PUB Liebefeld*
ID pubblicazione (Codice web): 17286
Inviare via e-mail