Das Monitoringprogramm ALL-EMA (Arten und Lebensräume Landwirtschaft – Espèces et milieux agricoles) erfasst systematisch die Diversität der Arten und Lebensräume in der Schweizer Agrarlandschaft. Nach Abschluss der Ersterhebung (2015–2019) wurde deren Zustand und die Wirkung von agrar- und umwelt-politischen Massnahmen doku-mentiert (Meier et al., 2021). Nun ist die Zweiterhebung (2020–2024) abgeschlossen, und ein erster Zeitvergleich zur Veränderung der Diversität der Arten und Lebens-räume ist möglich. Anhand von zwei Erhebungszeitpunkten lassen sich jedoch nur erste Verän-derungsmuster beschreiben, Trends für zeitliche Entwicklungen können erst mit längeren Zeitreihen zuverlässig erkannt werden. Die Veränderungen von der Erst- zur Zweiterhebung wurden anhand der im «Zustandsbericht ALL-EMA 2015–2019» (Meier et al., 2021) beschriebenen Aspekte der Diversität von Arten (Pflanzen, Tagfalter und Brutvögel) und Lebensräumen beurteilt. Dazu zählen die Artenvielfalt in Landschaften (γ-Diversität; Messgrösse 1 km2), die lokale Artenvielfalt (α-Diversität; Messgrösse 10 m2), die Verschiedenartigkeit lokaler Artengemeinschaften (β-Diversität; Messgrösse 1 km2), artspezifische Zeigerwerte und Flächenanteile spezifischer Arten (Nährstoffzahl, Temperaturzahl, Neophyten; Messgrösse 10 m2 bzw. 200 m2), die Lebensraumvielfalt in Landschaften (Messgrösse 1 km2), die lokale lebensraumtypische Artenvielfalt (Messgrösse 10 m2), die Heterogenität der Landschaft hinsichtlich der Lebensräume (Messgrösse 1 km2) und Flächenanteile spezifischer Lebensräume (wertvolle Lebensräume, Gehölzlebensräume, Gewässerlebensräume; Messgrösse 1 km2). Die Auswertungen erfolgten sowohl über alle Arten und Lebensräume hinweg als auch spezifisch für die Arten und Lebensräume der Umweltziele Landwirtschaft (UZL) sowie die Arten der Roten Listen. Analysiert wurde die Agrarlandschaft einerseits gesamthaft sowie andererseits differenziert nach Lebensraumkategorien (d. h. Fruchtfolgeflächen, Grasland und Gehölze) und nach Kategorien von Biodiversitätsförderflächen (BFF; d. h. Flächen ausserhalb BFF, BFF Q1 und BFF Q2).
Historische Daten zeigen, dass das Grasland der Agrarlandschaft vor rund 100 Jahren deutlich artenreicher war als heute. In tiefergelegenen landwirtschaftlichen Zonen fanden sich auf 10 m2 durchschnittlich etwa doppelt so viele Pflanzenarten wie heute, in höhergelegenen landwirtschaftlichen Zonen waren es rund ein Fünftel mehr. Gleichzeitig waren die Nährstoffzahlen in fast allen Zonen niedriger als heute, mit Ausnahme des Sömmerungsgebiets, wo sie dem heutigen Niveau entsprachen. Dieses Muster steht vermutlich im Zusammenhang mit der höheren Nutzungs-intensität in den Tieflagen, die mit zunehmender Höhe abnimmt. Solche Zusammenhänge zwischen abiotischen Faktoren, der Bewirtschaftung und der Biodiversität wurden in internationalen wissenschaftlichen Publikationen untersucht (vgl. Meier et al., 2024ab; Meier et al., 2022).
Die von ALL-EMA in den letzten zehn Jahren erhobenen Daten zeigen, dass sich die Diversität von Arten und Lebensräumen insgesamt kaum verändert hat. Das bedeutet, dass sich der grosse Biodiversitätsverlust des letzten Jahrhunderts zwar nicht weiter fortgesetzt hat, das entstandene Defizit jedoch bislang nicht verringert werden konnte.